Aber wie erleben wir die Unternehmenskultur überhaupt noch, wenn wir nicht mehr gemeinsam an einen Ort der Begegnung, im Unternehmen, zusammenkommen?
Wie können Werte, Haltung und Verhalten Ausdruck finden wenn wir uns ausschließlich in virtuellen Meetings treffen? Wie können Unternehmen das Onboarding gestalten, wenn es kein Miteinander gibt?
Laut einer aktuellen Studie der Universität St. Gallen (Institute for Leadership) herrscht nach wie vor große Unsicherheit hinsichtlich der konkreten Gestaltung der neuen Arbeitswelt.
19% der befragten Unternehmen habe den Kulturwandel verschoben oder sich dabei die Finger verbrannt.
Die Ursache ist klar: zu viel wird strukturell entschieden, zu wenig auf Kultur geachtet.
Kaum jemand schaut genau hin, was Agilität, oder Digitalität oder New Work für die Beteiligten konkret bedeuten. Stattdessen werden neue Regeln implementiert und die weichen Faktoren ausgeblendet.
Wenn die Kultur eines Unternehmens nicht intakt ist, hilft auch kein hippes und cooles Branding, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein und schon gar nicht, um die neue Arbeitswelt sinnvoll und wertschätzend zu gestalten.
Die Pandemie mit ihren fundamentalen Folgen für die Arbeitswelt wie Arbeiten im Homeoffice, Führen auf Distanz, hybride Arbeitsformen und der Verlust von vertrauten Strukturen und Nähe zu den Kollegen wirkt hier wie ein Brennglas und macht es für viele Organisationen unausweichlich, sich neu zu formatieren.
Die Frage ist nur wie?
Am besten beginnt man da, wo Kultur entsteht – nämlich im Unternehmen bei den Mitarbeitern. Mehr denn jemals zuvor gilt es hier, herauszufinden, wie es ihnen geht, den Puls zu fühlen und Schmerzpunkte zu identifizieren.
Was fehlt ihnen, wenn sie ihre Kollegen nur noch in Teams oder zoom virtuell treffen, wenn der Plausch an der Kaffeemaschine ausfällt, wenn das Homeoffice im Schlafzimmer ist, wenn Führungskräfte an ihre Belastungsgrenzen geraten, weil sie weniger fachlich als viel mehr menschlich gefordert sind.
Was kann man tun, wenn neue Mitarbeiter ihre Kollegen nie im wahren Leben treffen können und die Unternehmenskultur nur remote vermittelbar ist?
Das sind nur einige Fragen in der neuen Arbeitswelt, die viel Unsicherheit schafft aber auch eine Gewissheit mit sich bringt:
Nichts bleibt wie es einmal war.
Und genau in dieser Gewissheit der Ungewissheit liegt das Potenzial, etwas Neues entstehen zu lassen. Das, was schon gut war, neu zu formatieren.
Das bedeutet natürlich auch, dass einige Prozesse neu definiert werden müssen, genauso wie Rollen, Kollaboration und Kommunikation. Vor Allem aber bedeutet es, zu sehen, wo jeder einzelne gerade steht, welche Unterstützung er oder sie braucht, Selbstwirksamkeit und Resilienz zu stärken, Zusammenarbeit und Zusammenhalt zu verbessern, um so von innen heraus einen gemeinsamen Sinn oder Purpose entstehen zu lassen. Also vom ICH zum WIR zum WHY und so zu einer wertschätzenden und wertschöpfenden Unternehmenskultur zu gelangen.
(Dorothea Frommberger und Falk Lampe-Traupe sind Gründer des Instituts für Wertschätzung. Sie sind Vordenker und Macher einer neuen wertschätzenden Kultur in Gesellschaft und Wirtschaft. Ihr Credo: Wertschöpfung durch Wertschätzung. www.ifw.vision)